Bild zeigt nackte Männer in einem Baum

Foto: Ralf-Rainer Wasse / Baumbesteigung / 1979 / Pleinair Rügen © Lindenau-Museum Altenburg / Archiv Ralf-Rainer Wasse

CLARA MOSCH war keine Person, sondern eine Ansammlung von Persönlichkeiten. Der Kunstverein Ost widmet ihr eine Ausstellung.

Ein Mann auf einem Stuhl für Giganten, doppelt so hoch wie er selbst. Er guckt verloren den Strand entlang und nicht etwa aufs Meer. Weil er ohnehin nicht weg kann? Drei nackte Männer auf einem Baum, die Ostsee im Hintergrund zu erahnen. Ein Mann, in Erlöserpose, bedeckt mit Steinen. Einer, der einen Baum mit Mullbinden umwickelt, ein Protest gegen das Baumsterben im Erzgebirge.

Bild zeigt Mann mit ausgebreiteten Armen

Foto: Ralf-Rainer Wasse / Ein Kreuz legen / 1979 / Michael Morgner / Pleinair Rügen © Lindenau-Museum Altenburg / Archiv Ralf-Rainer Wasse

Die Künstlergruppe hinter diesen Happenings nennt sich Clara Mosch. 1977 in Karl-Marx-Stadt gegründet, bestand sie fünf Jahre und betrieb eine Produzentengalerie. Der Name ist ein Akronym der fünf Gründer: Carlfriedrich Claus, Thomas Ranft, Dagmar Ranft-Schinke, Michael Morgner , Gregor-Torsten Schade. Um es einfacher zu haben im misstrauischen Kulturbetrieb der DDR, behaupteten die Künstler, sich nach einer antifaschistischen Widerstandskämpferin benannt zu haben. Weil ihre Aktionen schräg und widerständig waren, gerieten sie dennoch ins Raster der Überwachung. Ironischerweise dankt sich die sehenswerte Ausstellung im Kunstverein an der Leipziger Straße auch dieser Bespitzelung. Die Fotos der Aktionen stammen von Ralf-Rainer Wasser, assoziiertes Mitglied der Gruppe, ihr Dokumentar und gleichzeitig IM. Halb zog es ihn, halb sank er hin? Die Clara-Mosch-Akteure sehen sich nicht als Opfer.

Foto zeigt Mann, der Baum mit Binde umwickelt

© Lindenau-Museum Altenburg, Archiv Ralf-Rainer Wasse

Kunst hatte wohl selten einen so hohen Stellenwert wie in der DDR, dem Land der Zwischen-den-Zeilen-und-Bildern-Leser. Zwischen Staatskunst und Subversion schillern die Facetten. Einige davon zeigt die Ausstellung in der Leipziger Straße.

Man sieht den Bildern nicht nur ihre Widerständigkeit an, sondern auch den Spaß bei der Entstehung. Die Wahrheit liegt im Auge der Betrachter.

Foto zeigt Schaufenster des Kunstvereins

Foto: Kunstverein Ost e. V.

CLARA MOSCH und frühe Kunstaktionen in der DDR, Kurator: Stephan Koal, 27.04. – 30.07.2023, Mittwoch bis Sonntag 14 – 18 Uhr,  KVOST, Leipziger Straße 47 / Jerusalemer Straße, 10117 Berlin

Siehe auch: Aufbruch, Hoffnung, Vergesssenheit (Rezension Ausstellung Jürgen Wittdorfs)

 

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