Der Teufel ist nach Moskau gekommen. Nein, um Putin geht es nicht. Sondern um einen, der vielleicht das Böse will und doch das Gute schafft: Das Nationaltheater Weimar spielte Bulgakows “Der Meister und Margarita”.
Ich mag den Roman sehr. Dünn ist er nicht. Die russische Fernsehfassung von 2005 bringt es auf acht Stunden. Das Nationaltheater Weimar benötigt auf der Bühne nur knapp zwei. Dafür verwebt es den grandiosen Stoff über Liebe, Treue, Idiotie, Terror und Verrat zu einem vorrangig vergnüglichen Slapstick.
Möglich wird dies auch durch das genialische Bühnenbild (Natascha von Steiger): eine ins Waagerechte gekippte Häuserschlucht. Aus ihren Fenstern poppen Gestalten wie Springteufel auf, und der Mensch-Kater Behemoth (Fabian Hagen) muss auf seinen Schwanz aufpassen – schon wieder eingeklemmt. Unter der Regie Luise Voigts liefern sich Jesus und Pontius Pilatus Tänzchen, Besdomnys Frisur ist so gekünstelt wie seine Lyrik und Voland verschwindet wie von Teufelshand in der seitlichen Versenkung.
Aus dem guten Ensemble ragt Krunoslav Sebrek als Darsteller eben jenes Volands noch heraus – Charme und Düsternis (“Ich bin immer allein.”) in Personalunion. Die Idee, die schamlose Körperlichkeit der zur Hexe gewordenen Margarita durch ein Nacktkostüm abzumildern, passt hingegen nicht zum Rache-Furor des Romans und der neuen Persönlichkeit der Heldin. Aber wer weiß, wie ekstatisch die jugendliche Besuchergruppe in der Umgebung des Rezensenten reagiert hätte, wenn tatsächlich Nacktheit à la Castorf zelebriert worden wäre. So wurde nur getuschelt, wenn die Kostüme Umrisse von Geschlechtsteilen erahnen ließen.
Das Grauen hinter der Farce
Das Stück ist kein reiner Klamauk: Die Tragik Bulgakows, dessen Roman zu Lebzeiten nicht erscheinen durfte (darin dem “Meister” ähnlich), deutet die Inszenierung gleich eingangs durch einen projizierten Brief des Autors an. Und die Geschichte der (durch Margarita erlösten) Kindsmörderin Frieda lebt von ihrem dunklen Pathos.
Randbemerkung: Bei der Einführung ins Stück verstörte die dauerhafte Falschbetonung Bulgakows auf dem U. Das ist dem Autor gegenüber respektlos, zumal in der Stadt Goethés und Schillèrs. Dass ein sehr ideologiekritisches Stück mit Genderei beschrieben wird, das hinwiederum ist fast schon eine Pointe.
Eine sehr gelungene Inszenierung, der viele Zuschauer zu wünschen sind. Es ist sehr tröstlich zu wissen: Manuskripte brennen nicht. Und selbst für Pontius Pilatus führt der Weg ins Licht. Das müsste ja auch mit dem Teufel zugehen.
Die nächste Termine sind am 17. März und am 12. und 29. Mai. Karten gibt es über die Website des Nationaltheaters.
Weitere Informationen zum Stück:
Youtube-Kanal des Theaters
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