Es wurde auch langsam Zeit: Eine neue Studie widmet sich dem Zusammenhalt in der Gesellschaft. Unter dem Titel Die andere deutsche Teilung fragt sie abseits starrer Links-Rechts-Einordnungen nach dem Zustand und der Zukunftsfähigkeit Deutschlands.
Durchgeführt wurde die Studie von More in Common (Mehr gemeinsam). Die Forschungsgesellschaft ist nach eigener Aussage eine internationale Initiative, die dem Thema gesellschaftlicher Zusammenhalt verpflichtet ist. Sie will die Gesellschaft einen und der Polarisierung entgegentreten.
Dafür verbindet die Studie Instrumente der Politikwissenschaften und der Sozialpsychologie. Andere Untersuchungen teilen Befragte oft nach Vorlieben für Parteien ein oder nach der Zugehörigkeit zu einer Schicht auf Basis des Einkommen. More in Common gruppiert die 4.000 Teilnehmer der Befragung nach ihrer subjektiven Verortung in der Gesellschaft, ihrer Perspektive auf das Land und nach ihren Grundüberzeugungen.
So ist die Studie auf sechs Gruppen als Typen der deutschen Gesellschaft gekommen.
- Die Offenen: 16 Prozent. Ihnen sind Selbstentfaltung, Weltoffenheit, kritisches Denken wichtig.
- Die Involvierten. 17 Prozent, charakterisiert durch Bürgersinn, Miteinander, Verteidigung von Errungenschaften.
- Die Etablierten: 17 Prozent. Interessiert an Zufriedeneit, Verlässlichkeit, gesellschaftlichem Frieden.
- Die Pragmatischen: 16 Prozent. Orientiert an Erfolg, privatem Fortkommen, Kontrolle vor Vertrauen.
- Die Enttäuschten: 14 Prozent. Geprägt von (verlorener) Gemeinschaft, (fehlender Wertschätzung), Gerechtigkeit.
- Die Wütenden: 19 Prozent. Geprägt von Interesse an nationaler Ordnung, von Systemschelte und Misstrauen.
Gruppen mit unterschiedlicher Wirkung
Je nach Wirkung in der Gesellschaft teilt die Studie die sechs Gruppen dann in drei Segmente mit unterschiedlicher gesellschaftlicher Rolle ein. Die Offenen und die Wütenden wirken demnach als Gesellschaftliche Pole. Die Involvierten und die Etablierten bilden die Gesellschaftlichen Stabilisatoren. Die Pragmatischen und die Enttäuschten bezeichnet die Studie als Das unsichtbare Drittel – wegen ihres Desinteresses an Politik und eines überdurchschnittlich hohen Gefühls der Einsamkeit.
Treiber der derzeitigen gesellschaftlichen Auseinandersetzung sind die Offenen und die Wütenden – auch wegen ihrer starken Präsenz in den sozialen Medien. Die Offenen seien dabei kompromissbereit, die Wütenden nicht. Die Involvierten und die Etablierten als Gesellschaftliche Stabilisatoren seien eine mögliche Ursache dafür, dass die gesellschaftliche Auseinandersetzung in Deutschland noch nicht so hasserfüllt und polarisiert abläuft, wie zum Beispiel in den USA. Kein Grund zur Entwarnung: Sie bilden das im Schnitt älteste Segment der Untersuchung. Laut Studie eine zentrale Aufgabe für Politik und Zivilgesellschaft in der Einbindung des Unsichtbaren Drittels: “Ein Gemeinwesen kann nur dann wirklich funktionieren, wenn alle gesellschaftlichen Gruppen erreicht werden. Zudem schlummert hier ein sehr großes Nichtwähler-Potenzial: Über die Hälfte der Nichtwähler sind im unsichtbaren Drittel zu finden.
Vielleicht lesen die Studie ja auch einige Journalisten aufmerksam. Das ist vor allem denjenigen zu wünschen, die immer noch Meinung und Bericht verwechseln. Und die sich nicht nur in ihren Medien, sondern auch in Social Media gern als Kämpfer für absolute Wahrheiten inszenieren.
Stimme der DDR sieht die Studie als Bestätigung der Sender-Philosophie. Es geht nicht um Schwarz und Weiß. Es geht um Einbeziehung und um ein Miteinander.
Weitere Informationen:
Website More in Common
Download der Studie (PDF)
Download der Zusammenfassung (PDF)
Siehe auch:
Ausgelesen: Petra Köpping, Integriert doch erst mal uns
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