Die Ausstellung Zwischen Schein und Sein in den Reinbeckhallen in Berlin widmet sich der Mode in der DDR. Viele berückende Entwürfe schafften es nur in die Modezeitschrift Sibylle, aber nicht in die Produktion.
Im magischen Quadrat Kunsthochschule Weißensee – Modeinstitut – Sibylle – Exquisit haben DDR-Designer Mode mit ganz eigenem Anspruch geschaffen. Es ging nicht um den letzten Schrei, sondern um alltagstaugliche Bekleidung und zeitlosen Schick. Die Ausstellung zeigt das mit vielen Modegrafiken, Aquarellen und Fotos.
In der DDR war laut Gründungsdirektorin des DDR-Modeinstituts (350 Mitarbeiter) eine Bekleidung gefragt, die “frei ist von den Einflüssen amerikanischer Unkultur und die die Aufgeschlossenheit und Lebensfreude der Menschen in unserem Staat der Arbeiter und Bauern auch äußerlich zum Ausdruck bringt.” Gespreizt war nur der Jargon, nicht die Mode. Pro Jahr entstanden im Institut zwei Musterkollektionen, gedacht für selbstbewusste berufstätige Frauen. Vor der Produktion mussten Modelle durch bis zu 10 Prüfungen, bei denen vor allem Ökonomen entschieden. Aus Kostengründen reduzierten sie modische Details mitunter so sehr, dass der ursprüngliche Entwurf kaum wiederzuerkennen war. Und die Mode und die Fünfjahrpläne fanden auch sonst nie so recht zueinander.
Zu neuen Akzenten in der DDR-Mode führte laut Ausstellung die Berufung von Professor Artur Winter an die Kunsthochschule Weißensee, im Hauptberuf Stellvertretender Generaldirektor des Produktions- und Handelsbetriebs Exquisit. An der Hochschule verband Winter die ganzheitliche Lehre mit der Aufbereitung einer Idee in zahlreichen Varianten, mit Exquisit verkaufte er Mode für gehobene Ansprüche zu gehobenen Preisen. Gegründet 1970, war Exquisit bis 1989 auf 530 Filialen angewachsen. In der Wende umfirmiert, präsentierte das Unternehmen 1990 zur Leipziger Herbstmesse eine letzte Kollektion und wurde 1992 abgewickelt.
Stimmige Ideen gut ausgebildeter Designer trafen auf Planwirtschaft und Materialknappheit. Die Idee langlebiger Bekleidung ist dabei gut gealtert.
Die Ausstellung ist noch bis 31. März zu sehen. Der Eintritt kostet 5, ermäßigt 3 Euro.
Siehe auch: Doppel-DDR in Dresden (Bericht über “Sibylle”-Ausstellung)
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