Seit Wochen ist Cottbus in den Schlagzeilen. Es geht um Messerangriffe von Asylbewerbern und um Attacken auf Ausländer.
Drei Jugendliche aus Syrien pöbeln vor einem Cottbusser Einkaufszentrum ein älteres deutsches Ehepaar an, einer zieht ein Messer. Es geht um den Vortritt und darum, dass die Frau sich unterwürfig verhalten soll. Ein Passant greift ein, es gibt keine Verletzten, Wachleute halten die Flüchtlinge fest. Fünf Tage später kommt es zu einer Auseinandersetzung zwischen deutschen und ausländischen Jugendlichen, ein Syrer drückt einen Deutschen gegen eine haltende Straßenbahn und verletzt ihn mit seinem Messer im Gesicht. In der Silvesternacht stürmt eine Gruppe mutmaßlich Deutscher ein Asylbewerberheim, greift drei Afghanen an und verletzt sie. Womöglich hat sie Sympathisanten unter den Wachleuten des Heims. Auch der Fußball-Verein Energie Cottbus ist zuletzt vor allem wegen rechtsradikaler Fans in den Schlagzeilen.
Cottbus macht mobil. Das Land hat zusätzliche Polizisten geschickt und auf Wunsch des Oberbürgermeisters Holger Kelch (CDU) den weiteren Zuzug von Flüchtlingen gestoppt. Der Verein Zukunft Heimat (Ziel: “Bewahrung unserer Heimat”) organisiert Demonstrationen gegen die aus seiner Sicht verfehlte Flüchtlingpolitik, an der letzten haben sich nach Presseberichten 3 000 Leute beteiligt. Unterstützung unterhält er von der AfD. Auf der anderen Seite organisiert der Verein Cottbusser Aufbruch für morgen einen Sternmarsch. Unter dem Moto “Cottbus bekennt Farbe” wollen am Jahrestag der Bombardierung der Stadt im Weltkrieg neben der CDU auch SPD, Die Linke, Grüne und FDP mitmarschieren. Mit ihrer Aktion mahnen sie zur Rückbesinnung “auf die Menschenwürde und die Werte, auf denen unser friedliches und soziales Zusammenleben beruht und auf die Demokratie als unserem politischen Ordnungssystem”. Reden soll unter anderen der Brandenburger Ministerpräsident Dietmar Woidke.
Ewiggestrige gegen das Gute und Schöne? So einfach ist es selten. Man muss kein Nazi sein, um die Flüchtlingspolitik skeptisch zu sehen. Im Dezember 2016 hat ein syrischer damals minderjähriger Flüchtling in Cottbus eine 82-jährige mutmaßlich ermordet, der Prozess vor dem Landgericht läuft noch. Wäre er nicht eingereist, wäre die Frau vermutlich noch am Leben. Die Kriminalstatistik weist außerdem aus, dass bei manchen Gewaltdelikten in Deutschland der Anteil von Tatverdächtigen aus Herkunftsländern wie zum Beispiel Afghanistan überproportional hoch ist. Man muss aber auch kein Linksradikaler sein, um zu befürchten, dass es von der Kritik an der Ausländerpolitik bis zur Hatz auf Andersaussehende nicht weit ist.
Vor diesem Hintergrund scheint es geboten, für seine Vorstellungen friedlich einzutreten, ohne dabei die andere Seite zu dämonisieren. Sonst landet Deutschland bei einer Unversöhnlichkeit politischer Lager, wie sie gerade die USA durchleben. Helfen könnte womöglich auch, wenn die eher linken Parteien sich wieder auf eine Kernaufgabe besinnen: der sich spreizenden Arm-Reich-Schere entgegenzuwirken. Solange “die Linke” sich auf dem Nebenschauplatz der Diversität verausgabt, füllen die Gerechtigkeitslücke andere. Oder tun zumindest so als ob.
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