- Welche Begriffe verbinden Sie spontan mit der DDR?
Pittiplatsch und Schnatterinchen, Professor Flimmrich, Reise nach Sundevit, Erwin Strittmatter, Ruth Werner, die jungen Agitatoren, Pioniernachmittage, Jugendweihe, Freundschaftstreffen, Vier Panzersoldaten und ein Hund, Patenbrigade, Willy Schwabes Rumpelkammer, Dynamo-Fahrräder, Kinderferienlager, Lernkonferenzen, Freundschaftsrat, blaues Halstuch, Timur-Brigaden, X. Weltfestspiele, Fahnenappelle, Sowjetsoldaten in Autos mit der Aufschrift CA, dreifarbige Dauerlutscher, Frösi und Atze, “Mach mit, mach’s nach, mach’s besser”, EOS, GST, DSF, FDJ, Hermann Kant, Bibliothek Deutscher Klassiker, Drei Haselnüsse für Aschenbrödel etc. - Woran erinnern Sie sich besonders gern?
An die vielfältigen Angebote an Arbeitsgemeinschaften in der Schule, die Aktivitäten in der Klasse, die Reisen, die Sommerlager und Chorfahrten, die Auftritte mit Chor und Singeklub, an einige wenige charismatische, querdenkende, inspirierende Lehrer*innen, die Kinderchöre im Radio - Woran denken Sie ungern zurück?
An die Piefigkeit im Alltag, an die Kleinbürgerlichkeit, an die Widersprüche zwischen Wort und Tat, die Hohlheit der Parolen, die bereitwillige Akzeptanz von Unwahrheiten, lustlose Lehrer*innen - Wie verlief Ihr Berufsweg?
POS, EOS, Uni, erstes Kind, Uni-Abschluss, Arbeit im Beruf, zweites Kind, Babyjahr, Arbeit im Beruf, 1989, weiterhin Arbeit im Beruf - Was haben Sie in der Freizeit getan?
Lesen, Wandern, Singen, Kochen, und immer wieder Lesen - Wen aus der DDR verehren Sie besonders und wofür?
Mit Hochachtung denke ich an- Schriftsteller wie Thomas Rosenlöcher, Ingo Schulze für ihre analytischen Texte
- Carmen-Maja Antoni /Schauspielerin/ für ihr Können und ihr Charisma
- Siegmund Jähn /Fliegerkosmonaut/ für sein Leben, seine Leistung, seine Persönlichkeit
- Regine Hildebrandt /Wende-Politikerin/ für Momente der Hoffnung
- Petra Pau und Gesine Lötzsch Politikerinnen/ für ihr unerschütterliches Engagement
- Was hat Ihre DDR-Vita besonders geprägt?
In der 8. Klasse stand die Entscheidung an, auf die EOS zu wechseln. Meine Eltern und die Oma – keine Akademiker – fanden einen längeren Schulbesuch überflüssig. Zehn Jahre Schulbildung reichten! Der Schulleiter meiner POS erschien überraschend zum Hausbesuch, um meine Eltern zu überzeugen, mich doch auf die weiterführende Schule zu schicken. Das Abitur bestand ich mit einem Durchschnitt von 1,6. - War das Verhältnis von Männern und Frauen zueinander anders als heute?
Die Frauen lebten die Gleichberechtigung auf eine selbstverständliche und unaufgeregte Art und Weise. Mann und Frau im Team:-). Nie hatte ich das Gefühl, weniger oder mehr wert zu sein als ein Mann.
- Welche Meinung hatten Sie 1990 zur Wiedervereinigung?
Mein Verstand akzeptierte nach und nach die neu entstandene politische Lage. Wehmut und Enttäuschung über verpasste und verpatzte Chancen für eine andere, bessere deutsche Republik dominierten noch lange die Wahrnehmung.
Mit dem Frauenbild des Westens tu ich mich weiterhin schwer, schätze aber umso mehr das Engagement vieler Frauen für Gleichberechtigung. - Welche Meinung haben Sie heute zum vereinten Deutschland?
Das vereinte Deutschland in der Europäischen Union – damit kann ich gut leben!
Demokratie ist ein fragiles Gut! B.Brecht: “… der Schoß ist fruchtbar noch, aus dem das kroch!“
Und falls Sie noch Ihren Lieblings-Ostwitz loswerden wollen: nur zu.
Der Sonderzug mit Erich Honecker bleibt in einer Schneewehe stecken. Alle Mitreisenden steigen eilends aus. Nicht aber, um den Schnee wegzuschaufeln! Nein! Sie schaukeln den Zug mit vereinten Kräften, damit Erich denkt, es ginge weiter…
Verheiratet seit 37 Jahren, 2 Kinder.
Lesen, Wandern, Singen, Kochen, und immer wieder Lesen
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