Frauke Petry hat nach ihrer Trennung von der AfD Die Blaue Partei gegründet – zunächst als Sammlungsbewegung. Derzeit ist Petry fraktionslose Abgeordnete im Bundestag und im sächsischen Landtag. Stimme der DDR fragt nach dem Wasserstand.
Frau Abgeordnete, wie geht es Ihnen mit Ihren Blauen – Land unter?
Wir treiben unsere Aufbauarbeit konzentriert voran und lassen uns dabei nicht aus der Ruhe bringen. Diese verläuft weitaus erfolgreicher als es nach außen im Augenblick vielleicht wahrnehmbar ist. Tragfähige Netzwerke zu knüpfen ist nun mal aber nichts, was von ständiger medialer Aufmerksamkeit begleitet werden sollte. In Sachsen und Thüringen verfügen wir inzwischen flächendeckend über Regionalgruppen, die arbeitsfähig sind, sich regelmäßig treffen und Veranstaltungen anbieten. Auch in fast allen großen Flächenländern sind wir vertreten. Wir werden erstmals zu den Kommunal- und Europawahlen am 26.05.2019 und zu den Landtagswahlen in Sachsen und Thüringen im Herbst 2019 antreten und erfolgreich sein.
Wenn Sie im Landtag oder im Bundestag den ehemaligen Fraktionskollegen von der AfD begegnen – grüßt man sich noch?
Das hängt vom jeweiligen Fraktionskollegen ab. Einige würden möglicherweise, dürfen es aber nicht, weil sie sonst Ärger in den eigenen Reihen bekämen. Man hält sich inzwischen eben auch für alternativlos.
Im September 2019 sind in Sachsen Landtagswahlen. Eine Umfrage der Leipziger Volkszeitung vom August 2018 hat Sie als Momentaufnahme bei 0,4 Prozent verortet. Wie wollen Sie es im Dreivierteljahr bis zu den Wahlen noch in die Nähe der 5 Prozent schaffen, die für einen Einzug nötig sind? Oder konzentrieren Sie sich auf den Kampf um ein Direktmandat?
Eine INSA-Umfrage hat das Potenzial der Blauen Partei mit Frauke Petry kurz zuvor auf knapp 10 Prozent taxiert und hält unseren Einzug in den Landtag für absolut möglich. Nach einer ebenfalls kürzlich erfolgten Umfrage des MDR gehöre ich zu den drei bekanntesten Gesichtern im Land. Richtig ist aber, dass aktuell kaum über die Blaue Partei berichtet wird, und das trotz einer eigenen Gruppe im Landtag und ausreichend politischen Alleinstellungsmerkmalen. Es ist spannend zu fragen, warum. Um Direktmandate werden wir dort kämpfen, wo wir Aussicht auf Erfolg haben, z.B. in meinem Wahlkreis, aber auch andernorts in Sachsen.
Bei Landtagswahlen außerhalb Bayerns schien bislang der Platz einer CSU vakant – einer Partei, die kulturell konservativ und wirtschaftlich liberal handelt und damit Wähler anspricht, denen die AfD zu vergangenheitsvergessen ist. Nach Merkels Rückzug vom Parteivorsitz rückt die CDU selbst wieder in diese Richtung. Macht sie damit ganz nebenher auch die bundespolitischen Chancen der Blauen endgültig zunichte?
Wohin die CDU rückt und ob sie überhaupt rückt, ist noch in keiner Weise ausgemacht. Falls sie ihren Kurs tatsächlich überzeugend in Richtung einer konservativen Politik ändern sollte, dann wäre dem Land enorm geholfen. Die Erwartungen nach einem solchen Schwenk der CDU sind nach allem, was bisher zu sehen und zu hören ist, allerdings derart utopisch, dass wir uns um die politische Existenzberechtigung der Blauen keine Gedanken machen müssen. Außerdem sollte sich jeder fragen, welche politische Kraft im Mitte-rechts-Spektrum überhaupt glaubwürdig in der Lage ist, verzweifelten AfD-Wählern ein Angebot zu machen. Da sehe ich uns in der Pflicht und die CDU als weitgehend hoffnungslos.
So wie Sie von rechts versucht sich gerade von links Sahra Wagenknecht mit einer Sammlungsbewegung. Was halten Sie von #Aufstehen?
Sahra Wagenknecht stößt mit einigen ihrer realpolitischen Forderungen an die Grenzen dessen, was innerhalb der Partei Die Linke als salonfähig durchgeht. Die Erkenntnis, dass der Sozialstaat in seiner heutigen Form nur mit funktionierenden Grenzen zu erhalten ist, teilen wir. Wirtschafts- und gesellschaftspolitisch trennen uns allerdings Welten. Ihr Schritt hin zur Aufstehen-Bewegung ist unterm Strich dennoch ähnlich konsequent, wie meiner zur Blauen Wende und Blauen Partei. Völlig inkonsequent ist sie allerdings bei der Umsetzung. Da unterscheiden wir uns sehr deutlich. Erst Anlauf nehmen und dann nicht springen – das geht nicht.
Vielen Dank fürs Interview.
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