In Dresden rief ein Demonstrant die Polizei, weil er meint, ein Fernsehteam dürfe ihn nicht filmen. Hat er recht? Wahrscheinlich nicht. Stimme der DDR lädt Sie ein zu einem kurzen Ausflug ins Labyrinth der Bildrechte. Passen Sie auf Ihren Kopf und die Stalagtiten auf!
Bei Bildrechten geht es um zwei Aspekte: Die Rechte des Aufnehmenden und die Rechte des Aufgenommenen. Was den Fotografen betrifft: Bilder sind urheberrechtlich geschützt, dürfen also nicht ohne Einverständnis des Urhebers veröffentlicht werden. Ein Foto aus den Tiefen des Internets ins eigene Blog zu kopieren, um einen Text zu illustrieren, ist also mit hoher Wahrscheinlichkeit ein Rechtsverstoß. Ausnahmen legt der Fotograf selbst fest, zum Beispiel freie Lizenzen (creative commons). In solchen Fällen hat der Fotograf sein Bild für Veröffentlichungen generell freigegeben. Aber auch hier kann es Einschränkungen geben, zum Beispiel hinsichtlich der Bildbearbeitung oder der kommerziellen Verwendung. Das hier genutzte Foto stammt von Pixabay, einer guten Quelle für kostenlose Bilder.
Komplizierter wird es, wenn es um die Rechte der Fotografierten geht. In Deutschland ist das Recht am eigenen Bild durch das Kunsturheberrechtsgesetz (KunstUrhG) geschützt. Es datiert von 1907, hat im Zusammenhang mit weiteren Gesetzen und mit richterlichen Entscheidungen aber eine moderne Ausprägung erfahren. Das KunstUrhG legt glasklar fest: “Bildnisse dürfen nur mit Einwilligung des Abgebildeten verbreitet oder öffentlich zur Schau gestellt werden.” Mittlerweile hat sich als Rechtsauffassung herausgebildet, dass nicht nur die Verbreitung, sondern bereits die Aufnahme ohne Einwilligung unstatthaft ist: Wie will man einer Verbreitung widersprechen, wenn der unbekannte Fotograf längst entschwunden ist. Sie dürfen Personen also dann fotografieren und die Fotos veröffentlichen, wenn der Fotografierte Ihnen mündlich oder schriftlich seine Einwilligung gegeben hat. Dabei besprechen Sie idealerweise auch, wo und in welchem Umfang (einmalig, mehrfach) das Foto veröffentlicht werden darf. Die Einwilligung kann auch stillschweigend geschehen – zum Beispiel, indem der in die Linse Linsende posiert.
Nun ist es schlechterdings unmöglich, zum Beispiel bei einer Menschenmenge das Einverständnis eines jeden zu erhalten. Es muss also Ausnahmen geben. Welche, das regelt das KunstUrhG in § 23. Die Ausnahmen betreffen demnach
“1. Bildnisse aus dem Bereich der Zeitgeschichte”
Dabei geht es um Personen und Ereignisse, an denen immer oder zeitweilig ein öffentliches Interesse besteht: Prominente, Politiker, prominente Politiker, Redner auf Demonstrationen, Träger von Transparenten, der WM-Torschütze, der Filmstar. Auch hier ist aber zwischen Privatsphäre und öffentlichem Interesse abzuwägen. Was im Zweifelsfall Gerichte übernehmen.
“2. Bilder, bei denen Personen nur als Beiwerk neben einer Landschaft oder sonstigen Örtlichkeit erscheinen”
Also Personen zwar erkennbar, aber nebensächlich sind. Entscheidungshilfe: Kann die Person auch weggelassen werden, ohne dass sich Aussage und Charakter des Fotos ändern? Ja? Prima. Dann kann sie drinbleiben.
Wenn Sie also im Bikini am Strand liegen und plötzlich ein Foto-Klicken hören – lassen Sie sich das Foto zeigen.
“3. Bilder von Versammlungen, Aufzügen und ähnlichen Vorgängen, an denen die dargestellten Personen teilgenommen haben”
Wer an einer öffentlichen Veranstaltung teilnimmt, sucht die Öffentlichkeit und muss damit rechnen, dabei aufgenommen zu werden. Bei Aufnahmen soll aber immer die Veranstaltung im Mittelpunkt stehen. Einzelne Teilnehmer in der Menge hervorzuheben ist nicht erlaubt.
Ob das Fernsehteam in Dresden einen zulässigen Schwenk in die Menge gemacht hat, bei dem natürlich auch Gesichter ins Bild kommen dürfen, oder ob die Aufnahmen den gefilmten Demonstranten unzulässig herausgehoben hätten, lässt sich im Nachhinein nicht feststellen.
Ein vierter Punkt des KunstUrhG betrifft ein höheres Interesse der Kunst und ist hier nicht weiter von Belang.
Soweit die Richtlinien. Die im KunstUrhG noch eine Einschränkung erfahren: Wenn durch die Veröffentlichung ein “berechtigtes Interesse” des Fotografierten verletzt würde, hat sie zu unterbleiben. Zum Beispiel, wenn ein Zeitungsfoto zu Werbezwecken genutzt wird. Oder wenn eine Veröffentlichung in die Privat- und Intimsphäre eingreift (sich unbeobachtet wähnendes küssendes Pärchen auf einem Gruppenbild). Oder wenn eine Veröffentlichung die Person herabwürdigen könnte (Die Menge lauscht andächtig, aber einer popelt.)
Dieser Text ist übrigens keine Rechtsberatung, sondern ein journalistischer Beitrag. Vor Gericht und auf hoher See sind wir alle …
Und noch ein letzter Warnhinweis: Sollten Sie die Absicht haben, eine Bank zu gründen oder auszurauben, können Sie der Fahndung nicht unter Verweis auf Ihr Recht am eigenen Bild widersprechen. Auch das regelt das KunstUrhG: “Für Zwecke der Rechtspflege und der öffentlichen Sicherheit dürfen von den Behörden Bildnisse ohne Einwilligung des Berechtigten sowie des Abgebildeten oder seiner Angehörigen vervielfältigt, verbreitet und öffentlich zur Schau gestellt werden.” Tja.
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