Der Zweite Weltkrieg war in der DDR kein generelles Tabuthema. Über persönliche Erlebnisse im Krieg wurde in vielen Familien aber nicht gesprochen. Wer dennoch wissen will, was Opa im Krieg gemacht hat: Eine Behörde hilft weiter.
So wie noch heute das Ehrenmal im Treptower Park in Berlin vom Sieg der Sowjetunion im zweiten Weltkrieg kündet, gab es in fast jeder DDR-Stadt kleinere Gedenkstätten. Der 8. Mai wurde als Tag der Befreiung begangen. Im Fernsehen liefen regelmäßig sowjetische Kriegsfilme oder auch die polnische Kriegsserie “Vier Panzersoldaten und ein Hund”. Hier die ruhmreiche Sowjetarmee, dort die dankbaren Befreiten, so lautete die Geschichtsschreibung. Die Kriegserlebnisse deutscher Soldaten wurden nur dann öffentlich zum Thema, wenn sie sich in das allgemeine Narrativ einbetten ließen. Da die DDR sich als antifaschistischer Staat und Erbe des Humanismus verstand, schien es dadurch in deren späteren Jahren beinahe so, als wäre im Osten Deutschlands niemand Nazi gewesen (außer vielleicht Hitler, wenn er zu Besuch war). Und auch niemand auf der falschen Seite des Krieges. In vielen Familien wurde deshalb kaum darüber geredet, was Familienangehörige als Soldaten der Wehrmacht erlebt haben. Je größer der zeitliche Abstand wurde, umso mehr verschwamm das Thema. Und plötzlich war keiner mehr da, den man hätte fragen können.
Wer nach Informationen über die Beteiligung seiner Familienangehörigen sucht, wird bei einer Behörde fündig: der Deutschen Dienststelle für die Benachrichtigung der nächsten Angehörigen von Gefallenen der ehemaligen deutschen Wehrmacht. Dem sperrigen Namen zum Trotz gibt die Behörde auch Auskunft über die Dienstzeiten nicht Gefallener. Ihre Website fragt Angaben zur gesuchten Person ab, wie Name, Geburtsdatum und damalige Anschrift. Außerdem wird geprüft, ob der Nachfragende als Verwandter ein berechtigtes Interesse an der Auskunft hat. Aus vorhandenen Wehrmachtsunterlagen stellt sie dann ein Dossier zusammen, das sie pro Din-A4-Seite mit acht Euro in Rechnung stellt. Darin enthalten sind zum Beispiel das Datum der Einberufung, der Truppenteil, Lazarettaufenthalte, Versetzungen, Angaben zur Kriegsgefangenschaft. Natürlich ersetzen diese Informationen keine persönlichen Schilderungen. Aber sie geben immerhin eine Übersicht. Im konkreten Fall hat die Auskunft rund zwei Jahre gebraucht und 16 Euro gekostet.
Nachtrag am 20. Juli 2022: 2019 ist die Behörde ins Bundesarchiv umgezogen. Dort ist sie mittlerweile als Abteilung PA (Personenbezogene Auskünfte zum Ersten und Zweiten Weltkrieg) zu finden. Anfragen sind immer noch möglich. Hier der aktualisierte Link.
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