- Welche Begriffe verbinden Sie spontan mit der DDR?
(N)Ostalgie. Schlager-Süßtafel. Creck. Meine Brieffreundin aus der Sowjetunion (mne dvenadzat let). - Woran erinnern Sie sich besonders gern?
Als die DDR gestorben ist, war ich 12, 13. Meine Kindheit war glücklich. - Woran denken Sie ungern zurück?
- - Wie verlief Ihr Berufsweg?
Gymnasium, Abi, Studium BWL/Marketing, attraktiver Job – alles paletti - Was haben Sie in der Freizeit getan?
Kinderzeugs. - Wen aus der DDR verehren Sie besonders und wofür?
Im Rückblick (und mit mehr Wissen): meinen Klassenlehrer (Fach: Chemie), der die ideologischen Plattheiten weitgehend unpeinlich und kurz abgehandelt hat. - Was hat Ihre DDR-Vita besonders geprägt?
Auch im Rückblick erkannt: Die DDR hat mich Skepsis gelehrt. Ich glaube keinen Heilsversprechen und misstraue scheinbar einfachen Begriffen wie “Arbeiteraufstand”, “Unrechtsstaat”, “GAU”, “Firmenphilosphie”, “unique selling proposition”. - War das Verhältnis von Männern und Frauen zueinander anders als heute?
Weiß ich nicht. - Welche Meinung hatten Sie 1990 zur Wiedervereinigung?
Die meiner Eltern. Ablehnung, weil in dem Helmut-Kohl-Geschreie schon der Besoffene mit eingepinkelter Hose auf dem Lichtenhagen-Foto zu erahnen war. Oder bilde ich mir das t so im Rückblick und mit diesem Wissen nur ein? Zumindest glaube ich, dass nationale Besoffenheit mich damals schon geängstigt hat. Plötzlich war in der öffentlichen Wahrnehmung auch jeder Assi ein Held , wenn er in der DDR im Gefängnis war. Und mehr wert als meine Eltern und meine Großeltern, die ihr Leben lang ehrlich gearbeitet hatten und nie jemanden denunzierten, aber zum Teil in der Partei waren. - Welche Meinung haben Sie heute zum vereinten Deutschland?
Ich habe alle Chancen bekommen und sie genutzt: Studium, Auslandssemester, Praktikum, gute Job-Angebote, jetzt im Traumjob. Für mich war die Vereinigung offenbar ein Glücksfall. Für meine Eltern nicht: Sie haben sich von Arbeitslosigkeit zu sinnloser Fortbildung zu ABM zu Arbeitslosigkeit zu nächster sinnloser Forbildung in die Rente hangeln müssen. Es gibt eine verlorene Generation, die zu alt war, die neuen Chancen zu nutzen und noch einmal neu Fuß zu fassen. Viele fühlen dadurch ihre Lebensleistung abgewertet. Das ist schade.
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