Der Direktor der Stasi-Gedenkstätte Hohenschönhausen Hubertus Knabe wurde Ende September vom Stiftungsrat einstimmig von seiner Tätigkeit freigestellt. Vier Vertreterinnen des 15-köpfigen Beirats der Stiftung fordern jetzt in einem offenen Brief seine Wiedereinsetzung.
Nach Vorwürfen sexueller Belästigung entband die Stiftung zunächst den stellvertretenden Leiter der Einrichtung von seiner Aufgabe. Wenig später entschied dann der Stiftungsrat unter Kultursenator Klaus Lederer (Linke), sich auch von Knabe zu trennen. Zugestimmt hat auch Dieter Dombrowsksi (CDU), Vorsitzender der Union der Opferverbände Kommunistischer Gewaltherrschaft.
Die laut Eigenaussage belästigten Frauen hatten sich an Lederer und an die CDU-Politikerin und Kulturstaatsministerin des Bundes Monika Grütters gewandt. Die Freistellung Knabes begründet der Stiftungsrat mit Zweifeln, ob mit diesem ein Kulturwandel in der Stiftung möglich ist. Laut Medienberichten haben sich dieser Tage anonym weitere Frauen gemeldet, die auch Knabe Belästigung vorwerfen. Dass die Äußerungen anonym erfolgen, bietet Anlass für Spekulationen. Womöglich wollen die Frauen sich nicht mit Klarnamen im Internet innerhalb einer vergifteten politischen Diskussion wiederfinden.
Unterstützer Knabes loben seine auf die Aufarbeitung der SED-Diktatur gerichtete wissenschaftliche Arbeit. Sie vermuten in seiner Ablösung eine Intrige, mit der die Partei Die Linke sich eines unbequemen Aufklärers entledigen will. Drei der vier Unterzeichnerinnen des Briefs sind ehemalige Oppositionelle. Konservative Medien wie Tichys Einblick kritisieren in ihren Berichten auch die Berufung von Marianne Birthler als Interims-Nachfolgerin Knabes – unter anderem, weil sie in der Volkskammer gegen den Beitritt zur Bundesrepublik gestimmt hat. Sie schreiben von “Stasi-Zersetzungsmaßnahmen” und legen Lederer den Rücktritt nahe. Eine ähnliche Position nehmen einzelne FDP- und CDU-Politiker sowie der AfD-Landesvorsitzende Gerd Pazderski ein.
Kritiker Knabes wiederum monieren neben dessen antiquiertem Frauenbild, er habe die Gedenkstätte wie einen Privatverein geführt. Sie attestieren ihm außerdem mangelnde Seriosität als Historiker. Durch seine einseitigen Darstellungen betreibe er Geschichtspolitik und verhindere so eine differenzierte Auseinandersetzung.
Der kalte Krieg findet seine späte Fortsetzung in einer frösteligen Auseinandersetzung, bei der das alte Rechts-links-Schema fortgilt. Zum Bild der Schlacht gehört, dass vor allem wertkonservative und unversöhnliche Ex-Oppositionelle mit dem Etikett “Bürgerrechtler” geadelt werden. Die linke DDR-Opposition findet selten Erwähnung.
Vielen Oppositionellen ist in der DDR schweres Unrecht widerfahren. Einige haben daraus eine dauerhafte Wut entwickelt, die sie von Opfern in Ankläger und Richter verwandelt hat. Vielleicht hat der von Medien mit genährte Furor und Generalverdacht dazu beigetragen, dass nach dem Umbruch 1990 so wenige Ostdeutsche bereit waren, sich politisch einzubringen. Mit der Spätfolge, dass ostdeutsche Interessen heute oft weniger Gehör finden, als sie verdienen.
Es gibt gute Gründe, Gedenkstätten von unideologischen Fachleuten statt von kalten Kriegern leiten zu lassen.
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