- Welche Begriffe verbinden Sie spontan mit der DDR?
Weltniveau. Mittelmaß. Pressefest. Ehrentribüne. Soli-Basar. Russen-Magazin. PGH. Jugendmode. - Woran erinnern Sie sich besonders gern?
An die Ferienlager-Aufenthalte als Kind. Später dann an das Ferienlager, in dem ich als Betreuer meine erste “richtige” Freundin kennenlernte. Der erste Kuss. An Situationen im Beruf, wo wir Erfolg hatten, obwohl es erst nicht danach aussah, wir es dann aber doch gepackt haben. - Woran denken Sie ungern zurück?
An den wie scheintoten Breshnew. An die häufigen Belehrungen durch Hundertfünfzigprozentige in Versammlungen. Man (mein Umfeld und ich) selber war bei so 80 Prozent. Eher dafür als dagegen also. Hätte doch reichen können. - Wie verlief Ihr Berufsweg?
Unproblematisch. Mittelschule, Oberschule, Fahne, Studium Arbeitsökonomie. Die Hochschule hatte einen Vertrag mit einem oder sogar mehreren Kombinaten: Berufsanschluss. Im Betrieb dann die üblichen Querelen zwischen Materialmangel und Planübererfüllung. Nach der Wende zu alt. - Was haben Sie in der Freizeit getan?
Viel mit dem Betrieb unter Einschluss der Familien. Theater-Anrecht – kennt das noch jemand außer mir? So wurden selbst die “Banausen” mit Kultur versorgt. Kino Kosmos, die Defa-Indianerfilme und die Märchen haben wir gern zusammen mit den Kindern gesehen. Der Eintritt hat in meiner Erinnerung nur 50 Pfennig gekostet und für Kinder 25, aber da kann ich mich auch täuschen. - Wen aus der DDR verehren Sie besonders und wofür?
Die die Knochen hingehalten haben und nicht auf “Schwätzer-Druckposten” aus waren. Diese Leute haben das Land am Laufen gehalten. Leute mit Berufsehre und dem Anstand, niemanden zu denunzieren. - Was hat Ihre DDR-Vita besonders geprägt?
Wir haben gelebt, wie wir gelebt haben. - War das Verhältnis von Männern und Frauen zueinander anders als heute?
Natürlicher. Genauer kann ich das nicht beschreiben. Nicht so berechnend von beiden Seiten, wie ich es jetzt manchmal im Bekannten- und Verwandtenkreis vermute. - Welche Meinung hatten Sie 1990 zur Wiedervereinigung?
… und der Zukunft zugewandt. Hoffnung auf West-Investoren. Bald dann Skepsis. - Welche Meinung haben Sie heute zum vereinten Deutschland?
Zwang gibt es auch heute, wo jeder die Meinung sagen darf. So karrieregeil wie manche “Führungskräfte” heute sind, wären die früher mit Sicherheit die ersten gewesen, die bei der Stasi “hier” gerufen haben. Wer noch im Berufsleben steht und Karriere machen will, hält auch heute manchmal besser die Klappe, selbst wenn er weiß, dass etwas nicht funkionieren wird. Die Menschen sind, wie sie sind.
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