Was ist aus DDR-Erfindungen geworden und was aus den Erfindern? Drei Journalisten haben nachgeschaut. An 20 Beispielen entlang tauchen sie in die Vergangenheit.
Die künstliche Bandscheibe, das Nähverfahren Malimo, therapeutische Nilpferde aus Sonneberg, der Duroplast-Trabi, Lautsprecher in Koaxilatechnik, die Multispektralkamera – mitunter verfügte die größte DDR der Welt tatsächlich über das so oft von ihr reklamierte Weltniveau.
Manche Erfindungen entstanden als Surrogate für nicht Verfügbares. So wie der Kunststoff Duroplast, der im Fahrzeugbau Feinbleche ersetzt hat. Andere Erfindungen imitierten erfolgreiche Westprodukte: Dederon war das ostdeutsche Nylon. Aber es gab auch die völlig originären Erfindungen, wie die künstliche Bandscheibe. Kanalisiert wurden die Entwicklungen oft über das Neuererwesen oder Erfinderschulen.
Viele Patente sind verfallen, weil niemand mehr für die Gebühren aufkommen konnte oder wollte. Andere haben den Weg in die neue Zeit geschafft. DDR-Technologie kühlt die Vertriebszentren von Lebensmittelkonzernen, gefriert Fisch auf Trawlern und klimatisiert Flughäfen. Dederon wird auf den alten DDR-Maschinen für den Weltmarkt produziert. Lautsprecher aus Geithain stehen bei der BBC und in Opernhäusern. Der grüne Rechtsabbiegepfeil hat es auf westdeutsche Kreuzungen geschafft. Das Patent für die klappbare Zielscheibe beim Biathlon wurde laut Buch 1989 nach München verkauft. Dem Erfinder Siegfried Liebold sei als Dank der neuen Patentinhaber lediglich ein Ski-Urlaub angeboten worden.
Ein eigenes Kapitel im Buch widmet sich Hobby-Tüftlern, die Rasenmäher mit Waschmaschinenmotor gebaut haben oder eine Windrad-Anlage zur Stromversorgung im Garten.
Die Designerin und Erfinderin von Therapiespielzeug Renate Müller beschreibt die Besonderheiten des DDR-Designs so: “Ich denke, es hat sehr viel mit Vernunft zu tun, mit einer sehr guten Ausbildung. Und damit, dass man im Rahmen einer Mangelwirtschaft trotzdem einen hohen ästhetischen Anspruch an die Produkte stellen kann. Das man aus nichts oder wenig etwas gemacht hat.”
Das Buch ist im Verlag Bild und Heimat erschienen und kostet 14,99.
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